Neue Rechtslage für Arbeitgeber: Fernmeldegeheimnis bei privater E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz
Die private E-Mail-Nutzung durch Mitarbeitende am Arbeitsplatz sorgt seit Jahren für Unsicherheit: Gilt das Fernmeldegeheimnis, wenn Mitarbeitende betriebliche E-Mail-Postfächer privat nutzen? Müssen Unternehmen mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn sie auf diese E-Mails zugreifen (beispielsweise im Krankheits-, Urlaubsfall oder bei Compliance-Untersuchungen)? In diesem Beitrag beleuchten wir die aktuelle Rechtsentwicklung, zeigen, welche Rolle die Bundesnetzagentur und die Datenschutzkonferenz (DSK) spielen, und geben Arbeitgeber eine Handlungsempfehlung an die Hand.
Bei Zugriff auf private Mails drohen strafrechtliche Konsequenzen
Lange Zeit herrschte in Deutschland die Auffassung, dass Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitenden die private Nutzung von betrieblichen E-Mail-Postfächern oder des Internets erlauben oder auch nur dulden, als Anbieter von Telekommunikationsdiensten im Sinne des Telekommunikationsgesetzes gelten. Damit unterlagen sie dem Fernmeldegeheimnis, was eine Überwachung privater E-Mails grundsätzlich untersagte und bei Verstößen sogar strafrechtliche Konsequenzen nach § 206 Strafgesetzbuch (StGB) nach sich ziehen konnte. Dies galt auch bei so praktischen Fällen wie den geplanten oder ungeplanten Ausfall, das Ausscheiden oder Untersuchungen im Rahmen von (potentiellen) Compliance-Verstößen von Mitarbeitenden.
Diese Sichtweise wurde vor allem von der Datenschutzkonferenz (DSK) vertreten und sorgte für große Unsicherheit in Unternehmen, die sich zwischen Compliance, Datenschutz und betrieblicher Kontrolle bewegen mussten.
Neue Einschätzung der Bundesnetzagentur: Fernmeldegeheimnis greift bei Privatnutzung dienstlicher E-Mail-Kontos nicht mehr
Mit einem aktuellen Hinweispapier hat die Bundesnetzagentur nun jedoch eine neue Richtung vorgegeben: Sie stellt klar, dass das Bereitstellen von E-Mail-Postfächern durch Arbeitgeber – auch zur privaten Nutzung – nicht als Telekommunikationsdienst im Sinne des Gesetzes zu werten ist. Der entscheidende Punkt: Telekommunikationsdienste werden „in der Regel gegen Entgelt erbracht“.
Die Bereitstellung von E-Mail-Accounts an Mitarbeitende ist jedoch kein eigenständiges wirtschaftliches Geschäft, sondern lediglich ein Arbeitsmittel. Selbst wenn eine private Nutzung gestattet ist, verfolgt der Arbeitgeber damit keinen wirtschaftlichen Vorteil und verlangt kein Entgelt. Damit liegt keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Telekommunikationsgesetzes vor, und das Fernmeldegeheimnis greift nicht.
Datenschutzkonferenz oder Bundesnetzagentur: Wer hat bei der Privatnutzung das letzte Wort?
Die neue Einschätzung der Bundesnetzagentur steht im klaren Gegensatz zur bisherigen Position der Datenschutzkonferenz. Während die DSK bislang davon ausging, dass das Fernmeldegeheimnis auch bei privater Nutzung betrieblicher E-Mail-Postfächer gilt, sieht die Bundesnetzagentur dies nun anders.
Auch einzelne Datenschutzbehörden, wie etwa die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Gayk, schließen sich dieser neuen Linie an und bestätigen in aktuellen Berichten, dass das Fernmeldegeheimnis in diesen Fällen nicht mehr greift. Die DSK selbst hat sich zu dieser Entwicklung bislang nicht erneut positioniert.
Für Unternehmen bedeutet das: Die Rechtslage ist zwar noch nicht abschließend geklärt, die Tendenz geht aber eindeutig in Richtung einer Lockerung der Anforderungen.
Was gilt jetzt für die Privatnutzung am Arbeitsplatz?
Für Arbeitgeber hat diese Entwicklung praktische Auswirkungen. Fällt die private Nutzung betrieblicher E-Mail-Postfächer nicht mehr unter das Fernmeldegeheimnis, entfällt das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung nach § 206 StGB. Unternehmen müssen sich nun vor allem an die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) halten.
Das bedeutet: Auch wenn die strengen Verbote des Fernmeldegeheimnisses nicht mehr greifen, bestehen weiterhin klare Pflichten im Umgang mit personenbezogenen Daten. Eine Überwachung der privaten Kommunikation ist nur unter engen Voraussetzungen und unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zulässig. Unternehmen gewinnen damit mehr Rechtssicherheit, müssen aber weiterhin sorgfältig abwägen, wie sie mit privaten E-Mails umgehen.
Handlungsempfehlung
Trotz der Lockerung der Rechtsauffassung empfiehlt es sich, die interne Regelung zur privaten E-Mail-Nutzung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Es ist stets zu empfehlen, dass Arbeitgeber klar und transparent kommunizieren, ob und in welchem Umfang die private Nutzung betrieblicher E-Mail-Postfächer erlaubt ist. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten ausreichend umgesetzt sind.

