Der Schutz der Mitarbeiter genießt gerade in Corona-Zeiten eine hohe Aufmerksamkeit. Das Bundesarbeitsministerium hat dazu extra einen eigenen Corona-Arbeitsschutzstandard erarbeitet. Hierzu gehört zwar nicht der Einsatz von Wärmebildkameras am Eingang von Werkstoren; trotzdem greifen einige Unternehmen auf diese Methode zurück, um eine eventuell erhöhte Körpertemperatur bei Bediensteten oder Besuchern festzustellen und die eigene Mitarbeiterschaft zu schützen. Alles für das Ziel, die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Beispiel: Der Internetgigant Amazon geht seit Mitte April genauso vor, berichtet der Bayerische Rundfunk. „In verschiedenen europäischen Ländern ist der Einsatz von Wärmebildkameras ein Thema, aber es werden mit dem Kameraeinsatz Daten erhoben und zwar sehr sensible“, weist Datenschutzfachmann Dr. Jörn Voßbein auf einen Konflikt zwischen Arbeits- und Gesundheitsschutz versus Daten- und Persönlichkeitsschutz hin. Aber ist der Einsatz der Wärmebildkamera in einer Pandemiezeit nicht gerechtfertigt? Was soll ein Unternehmen tun? Folgen wir der juristischen Weisheit „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“.
Mit der Wärmebildkamera am Eingangsgebäude oder am Werkstor soll eine automatisierte Temperaturmessung bei allen Personen Bediensteten und Besuchern erfolgen, die das Gelände oder Gebäude betreten. Auch wenn bei der automatisierten Messung noch keine weiteren Daten wie der Name oder sonstige Kontaktdaten der betroffenen Person erhoben werden und auch keine Daten gespeichert werden, kann trotzdem ein Rückschluss auf eine konkrete natürliche Person erfolgen. Schließlich würden Personen vom Security-Dienst angesprochen und am Betreten des Gebäudes gehindert. Daraus folgt: Die persönliche Körpertemperatur ist ein Gesundheitsdatum und ganz sicher ein Datum aus der Kategorie besonderer personenbezogener Daten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Besondere personenbezogene Daten erfordern eine Legitimation. Gibt es diese?
Zwei Gruppen müssen getrennt voneinander betrachtet werden: A) Bedienstete und B) Besucher des Unternehmens.
A) Bei Beschäftigten ist in § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG („Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigtenverhältnisses“) keine Legitimation zu finden, weil in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung vorzunehmen ist, um die schutzwürdigen Interessen der jeweiligen betroffenen Personen zu berücksichtigen. Es müsste also für jeden einzelnen Beschäftigten abgewogen werden, ob in seinem speziellen Fall die Temperaturmessung verhältnismäßig ist.
B) Art. 9 Abs. 2 DSGVO in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 BDSG („Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten“) könnte eine Ausnahme bei anderen Personen als Beschäftigten begründen. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit könnte dies sein, zumal die WHO bereits Anfang März das Coronavirus als Pandemie klassifiziert hat. Aber ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Erhebung der Körpertemperatur ein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Pandemie ist? Klares Nein. Schließlich können auch andere Krankheiten mit einer erhöhten Körpertemperatur einhergehen. Theoretisch möglich, aber praktisch kaum umsetzbar, wäre das Einholen einer Einwilligung.
„Der Einsatz von Wärmebildkameras ist für Unternehmen nicht zu empfehlen. Es ist kein verhältnismäßiges und probates Mittel, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Außerdem setzen sich die Unternehmen der Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die DSGVO aus“, zieht UIMC-Geschäftsführer Dr. Jörn Voßbein ein klares Fazit. Übrigens: Bei einem Verstoß gegen die DSGVO droht ein Bußgeld in Höhe von 4 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens. „Daneben könnte der Wärmebildkameraeinsatz für ein Unternehmen auch noch rufschädigende Auswirkungen haben“, weist Dr. Jörn Voßbein noch auf Schäden hin, die vermieden werden sollten.